Laura Meyer plant
das Reisen nachhaltig

Text: Redaktion ceo | Bilder: Markus Bertschi | Magazin: Bigger, better, stronger – Dezember 2023

Laura Meyer übernahm das Steuer des Reisekonzerns Hotelplan Group als CEO inmitten der Corona-Pandemie. Sie war immer optimistisch, dass sich die Reisebranche schnell erholen wird.

«Die Digitalisierung wird sich enorm schnell entwickeln und damit auch die Ansprüche unserer Kundschaft.»

Wir haben soeben einen Sommer mit Extremtemperaturen hinter uns. Es gab grossflächige Brände in Europa, zum Teil gab es mehrere Wochen über vierzig Grad. Sind die nordischen, kühleren Destinationen also die Ferienziele der Zukunft?

Ich habe selbst soeben mit meiner Familie Ferien in Island verbracht. Die Landschaft, die Weite und die Farben haben mich tief beeindruckt. Insbesondere bei unserer Spezialistentochter travelhouse haben wir immer mehr Buchungen im Norden und bauen die Angebote weiter aus. Ein Wachstum in den Ferienregionen wie Dänemark oder Schottland sehen wir auch bei unserer Tochterfirma Interhome.

Und in der Schweiz?

Die Schweiz ist mittlerweile zu einer Ganzjahresdestination geworden. Aber auch die Mittelmeerregion ist nach wie vor sehr beliebt. Mit Blick auf die hohen Temperaturen verlängern viele Kund:innen ihren Sommer und verreisen auch im Frühling und Herbst an das Mittelmeer. Diese Saisonverlängerungen führen zu einer besseren Verteilung der Auslastung über das Jahr hinweg und reduzieren den Buchungsstau im Sommer.

Sie wurden Anfang 2021 mitten in der Corona-Pandemie bei der Hotelplan Group CEO. Das Unternehmen musste mehrere hundert Stellen abbauen, fast die Hälfte des Umsatzes ging verloren und es wurden über 100 Millionen Franken Verlust gemacht. Wie blieben Sie in dieser belastenden Situation resilient?

Die Pandemie war ein riesiger Einschnitt für den Tourismus. Wir haben noch nie eine so lange und so komplexe Krise erlebt. Als ich das Steuer übernahm, ging es darum, eine langfristige Perspektive zu schaffen und im richtigen Moment den Service und das Angebot für die Kundschaft wieder hochzufahren. Die Mitarbeitenden machten hierbei einen hervorragenden Job. Zu wissen, dass der Migros-Genossenschafts-Bund Unterstützung und finanzielle Sicherheit bietet, war und ist ein grosses Privileg. Ich war immer zuversichtlich, dass sich die Branche erholen und schnell zum Status quo zurückkehren wird. Letztes Jahr konnten wir bereits einen Teil des Verlusts ausgleichen; das wird auch im laufenden Jahr so sein.

«Erfolgreich zu sein, kann auch bedeuten, den Umsatz in einem schrumpfenden Markt zu halten»

Worauf führen Sie das Umsatzwachstum zurück?

Das Reisen ist ein sehr grosses Bedürfnis der Menschen, gerade auch nach oder während unsicheren und belastenden Zeiten. Um sich zu erholen, um die Welt kennenzulernen und dabei die eigene Sichtweise zu erweitern. Ich zitiere dazu auch immer gerne den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck, der gesagt hat: «Es gibt eigentlich kein besseres Gegengewicht zum Krieg als den Tourismus.» Aufgrund ihrer Reiseerfahrungen in der Pandemie suchen viele Menschen wieder verlässliche Partner:innen zur Organisation ihrer Reise, anstatt selbst zu buchen. Viele mussten zu Beginn des Lockdowns auf teilweise chaotische Art und Weise in die Schweiz zurückreisen oder konnten aus bestimmten Ländern gar nicht erst ausreisen. Wir konnten unseren Kund:innen stets Lösungen anbieten. Und nun ernten wir, was wir damals säten: Unsere Kund:innen vertrauen uns und auch bei unseren Partner:innen im Ausland werden wir geschätzt.

Die Pandemie ist zwar vorbei, dafür gab es Brände auf Rhodos und Erdbeben in Griechenland. Schreckt das Ihre Kundschaft nicht ab?

Tourist:innen möchten auch wegen solcher Geschehnisse wieder mehr Service und Sicherheit in Anspruch nehmen. Sie haben das Bedürfnis nach einer Ansprechperson, die sie fundiert berät, alles organisiert, 24/7 unterstützt und wenn nötig aus solchen Krisengebieten holt. Nicht nur Privatreisende, auch Geschäftsreisende buchen wieder vermehrt über Hotelplan, bta first travel und Finass Reisen – die Corona-Pandemie hat vielen gezeigt, dass sie verlässliche Partner:innen brauchen, die schnell handeln und in Krisensituationen die Führung übernehmen.

Bei Privatreisen verspüren Sie seit dem Ende der Pandemie ein Wachstum. Und im Geschäftsreisebereich?

In der Pandemie haben wir alle gelernt, virtuell zusammenzuarbeiten. Sitzungen werden sehr oft online abgehalten, zudem müssen immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeitsziele erreichen. Wir fokussieren uns bei Geschäftsreisen vor allem auf KMU. Das ist der Bereich, der sich am schnellsten erholt hat; denn die meisten Reisen von KMU werden nicht für interne Sitzungen geplant, sondern für direkte Kundenkontakte. Wir schaffen neue Angebote mit Möglichkeiten, Klimabeiträge zu leisten oder sogenanntes «Sustainable Aviation Fuel» zu kaufen. Zudem unterstützen wir bei der Definition von internen Reiserichtlinien, die unter anderem dabei helfen, Klimaziele zu erreichen, indem sie beispielsweise Zugreisen einfordern.

Inwiefern ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema bei Geschäftsreisen?

Nachhaltigkeit ist nicht nur bei Geschäftsreisen, sondern auch im Bereich der Freizeitreisen ein grosses Thema und ein wichtiges Ziel unserer Strategie. Wir berücksichtigen gleichzeitig ökologische, ökonomische und soziale Aspekte. Wir bauen unser nachhaltiges Angebot stetig aus, zum Beispiel mit zertifizierten Unterkünften oder Zugpaketen, und erhöhen die Transparenz mit neuen Filterangeboten auf unseren Websites. Das Thema Nachhaltigkeit betrifft alle Abteilungen in unserer Firma und ist omnipräsent.

Ein Teil der Nachhaltigkeits- und Wachstumsstrategie sind Investitionen und Darlehen in wichtigen Tourismusdestinationen. Sie haben soeben in ein Nachhaltigkeitsprojekt in der Türkei investiert.

Wir können unsere Ziele und Wachstum nur erreichen, wenn wir mit unseren Partner:innen zusammenarbeiten und Nachhaltigkeitsaktivitäten in Ländern – zum Beispiel im Mittelmeerraum – mit- oder vorfinanzieren. Insgesamt stellen wir für solche Projekte zehn Millionen Franken zur Verfügung. In der Türkei unterstützen wir beispielsweise zwei Hotels beim Aufbau von Solaranlagen für die Produktion von nachhaltigem Strom. Gleichzeitig begleiten wir sie und andere Hotels in der Region dabei, die notwendige Zertifizierung als nachhaltige Tourismusdestination zu erhalten. Wir bieten zum Beispiel Beratung in Sachen Wäscheservice, Wasserverbrauch oder Reduzierung von Lebensmittelabfällen an. Gemeinsam mit den Hotels möchten wir erfolgreich sein und die Bedürfnisse der Kundschaft abholen.

Wie wichtig ist für Sie Wachstum, um erfolgreich zu sein?

Umsatzwachstum bedeutet, dass mehr Kund:innen von unseren Produkten und Services begeistert sind – und das ist unser Ziel. Unter Wachstum verstehe ich aber nicht nur finanzielle Kennzahlen, sondern auch das Erreichen von beispielsweise ökologischen Zielen. Und erfolgreich zu sein, kann je nach Geschäft auch bedeuten, den Umsatz in einem schrumpfenden Markt zu halten.

«Ich habe das Glück, dass ich meinen Job wirklich leidenschaftlich gern mache.»

Und persönliches Wachstum?

Persönliches Wachstum kommt mit der Neugier, der Bereitschaft, neue Dinge zu tun, und damit aus der eigenen Komfortzone zu gehen. Dies erfordert auch Durchhaltevermögen, insbesondere, wenn es mal nicht klappt. Ganz wichtig ist auch Selbstreflexion. Die Balance zwischen verschiedenen Lebensbereichen zu halten, ist ebenfalls ein wichtiger Punkt für mich und eine grosse Herausforderung: Arbeit, Familie, Sport, Freunde, Reisen – doch der Tag hat nur 24 Stunden.

Sie haben in den letzten Jahren viele Herausforderungen bewältigt. Welche Themen kommen in den nächsten Jahren auf die Reisebranche zu?

Die Digitalisierung wird sich enorm schnell entwickeln und damit auch die Ansprüche unserer Kundschaft. Künstliche Intelligenz wird noch weitere Bereiche automatisieren; nicht nur im Kundendienst, wo wir heute schon mit Chatbots arbeiten, sondern in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern. Ebenso wird der Anspruch an Nachhaltigkeit die Reisebranche verändern. Wie in allen Branchen wird die Herausforderung, die richtigen Talente zu finden, zu halten und zu entwickeln, weiter zunehmen. Es wird uns also nicht langweilig! Aber die Reisebranche hat sich schon immer verändert – Anpassungsfähigkeit ist deshalb eine Kernkompetenz aller Reiseunternehmen. Keine andere Branche ist so stark von jeglichen Weltgeschehnissen betroffen, das macht unsere Arbeit aber auch unglaublich spannend und intensiv. 

«Zu wissen, dass der Migros-Genossenschafts-Bund Unterstützung und finanzielle Sicherheit bietet, war und ist ein grosses Privileg.»

Die Hotelplan Group ist ein international tätiger Reisekonzern mit Hauptsitz in Opfikon-Glattbrugg bei Zürich und Tochterfirma des Migros-Genossenschafts-Bunds. Das internationale Markenportfolio umfasst 14 Marken und Reise­unternehmen in den Bereichen Städtereise- und Badeferien, Spezialistenreisen, Ferienwohnungs­vermittlung und Geschäftsreisen. Die Hotelplan Group ist der grösste Schweizer Reisekonzern mit Vollsortiment. Das Unternehmen beschäftigt rund 2’000 Mitarbeitende. 

www.hotelplan.ch

Laura Meyer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und der Universidad de Deusto in Spanien, anschliessend absolvierte sie ihren Master of Business Administration (MBA) in Singapur und Frankreich bei INSEAD. Von 2014 bis 2015 war Laura Meyer bei der NZZ-Mediengruppe als Head Key Account Management, Sales Strategy & Sales Processes tätig, bevor sie 2015 zur UBS als Head of Digital Distribution Analytics wechselte. Von 2018 bis 2020 war Laura Meyer Mitglied des Verwaltungsrats der Hotelplan Gruppe und seit Anfang 2021 führt sie den Reisekonzern als deren Group CEO. Seit April 2022 ist Laura Meyer zudem Mitglied des Verwaltungsrats der NZZ-Mediengruppe. 

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