Mike Allison über das
Potenzial eines Chips

Text: Olivia Kinghorst | Bilder: Markus Bertschi | Magazin: Bigger, better, stronger – Dezember 2023

Für Mike Allison ist Wachstum kein Fremdwort. Der schottische Wirtschaftsführer hat es im Laufe seiner Karriere als CEO des Produktionsunternehmens VAT Group bis an die Spitze geschafft. Sein Highlight: das Unternehmen 2022 zu einem Rekordgewinn zu führen und zum ersten Mal die Umsatzgrenze von einer Milliarde Franken zu knacken. Allison erzählt dem ceo Magazin, wie er in einer schnelllebigen Branche den Anschluss nicht verliert. 

«Träume gross und plane gut – dann ist alles möglich»

Die Büros der VAT Group liegen ganz unscheinbar in der Gemeinde Sennwald an der Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Hier treffen wir Mike Allison für unser Interview. Der schottische CEO hat die VAT zu einer der weltweit wichtigsten Zulieferinnen für die Halbleiterindustrie gemacht. Das Unternehmen stellt Siliziumchips – kleine Stücke des Materials mit elektronischen Schaltkreisen – her, die in alltäglichen Geräten wie Laptops und Smartphones zu finden sind.

Seit Allison 2018 zur VAT kam, hat das in der Schweiz börsenkotierte Unternehmen ein unglaubliches Wachstum erlebt. Die VAT ist klare Marktführerin im Bereich Vakuumventile, hat 2022 das beste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt und die Zahl ihrer Mitarbeitenden auf fast 3’000 erhöht. «Wir haben bei der VAT Grosses erreicht: ein starkes Wachstum, eine hohe Rentabilität und eine hohe Kundenzufriedenheit», sagt Allison stolz, «das macht man nicht so einfach.»

«Für ein kleines Schweizer Unternehmen ist es eine gigantische Leistung, eine globale Technologieführerin zu sein.»

Von Schottland in die Schweiz

Allisons Faszination für Halbleiter begann während seines Studiums der Elektrotechnik an der Universität Glasgow in Schottland. Hier stellte er zum ersten Mal einen einfachen Halbleiterchip her – ein kleines Stück Material, das in elektronischen Geräten verbaut wird. Als Student erkannte Allison schnell das Potenzial von Chips, insbesondere nach dem Kauf seines ersten PCs. «Ich konnte bereits erkennen, dass Halbleiter die treibende Kraft der nächsten industriellen Revolution sein würden, und ich wollte daran teilhaben», sagt er. «Halbleiter werden es uns ermöglichen, Chips zu entwickeln, die unser modernes Leben verbessern – von drahtloser Kommunikation über tragbare Geräte bis hin zu Elektrofahrzeugen.»

Allison war während der Daten- und Internetrevolution zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er zog mit seiner Familie durch die ganze Welt – Deutschland, die Vereinigten Staaten, Korea und das Vereinigte Königreich – und arbeitete sich in der Halbleiterindustrie hoch. Zwei Jahrzehnte war er beim amerikanischen Hersteller KLA-Tencor tätig. Im Jahr 2008 kam er zu Edwards und nach der Übernahme von Edwards durch Atlas Copco 2014 wurde er Präsident der Division Halbleiter von Edwards/Atlas Copco. Bis sich dann 2018 die Gelegenheit ergab, die VAT auf dem Weg zu nachhaltigem und profitablem Wachstum anzuführen. «Meine Situation war ideal, um in die Schweiz zu ziehen, und ich wollte CEO werden. Die letzten zehn Jahre hatte ich damit verbracht, meine Fähigkeiten und die für diese Aufgabe erforderliche internationale Erfahrung aufzubauen.»

In unserem Gespräch wird deutlich, dass sich Allison in dieser Rolle wohlfühlt. Heute ist die VAT eine weltweite Herstellerin von Hochvakuum-Ventilen und eine wichtige Akteurin in der globalen digitalen Revolution. Die Ventile der VAT werden in der Halbleiterindustrie von Produzenten wie ASML, Applied Materials, LAM und Tokyo Electron mit Spezialisierung auf Chip-Herstellungsanlagen verwendet. «Wir haben jede Branche auf der Erde von Grund auf verändert», sagt Allison. «Ohne den Einsatz von ​​​​Siliziumchips sind keine neuen Technologien möglich. Warum sollte ich nicht Teil dieser Branche sein wollen?»

«Man darf das langfristige Ziel nie aus den Augen verlieren.»

Rezept für beruflichen und persönlichen Erfolg

Im Jahr 2022 überschritt die VAT zum ersten Mal die Umsatzgrenze von einer Milliarde Franken. Ausserdem konnte das Unternehmen seinen Marktanteil bei Halbleitern innerhalb von fünf Jahren von 55 Prozent auf 75 Prozent steigern. «Für ein kleines Schweizer Unternehmen ist es eine gigantische Leistung, eine globale Technologieführerin zu sein», so Allison. Seine «Geheimzutat», um Erfolg zu haben, ist einfach: ein robuster strategischer Plan, hohe Investitionen in Innovation und Forschung und die Ausrichtung der Produkte auf die Bedürfnisse der Abnehmer:innen. Um über die Bedürfnisse seiner Kundschaft auf dem Laufenden zu bleiben, ist Allison häufig auf internationalen Fachmessen und Technologieforen anzutreffen. «Ich verstehe nicht nur, was Kund:innen jetzt wollen, sondern auch, was sie in drei bis fünf Jahren brauchen werden.»

Dank dieser Weitsicht ist die VAT auf dem besten Weg, bis zum Jahr 2027 den nächsten Meilenstein zu erreichen: einen Umsatz von zwei Milliarden Franken. «Träume gross und plane gut – dann ist alles möglich. Man darf das langfristige Ziel nie aus den Augen verlieren, auch nicht, wenn sich die Halbleiterindustrie im Abschwung befindet», sagt Allison. Da es in der Chipindustrie momentan Überkapazitäten gibt, sieht sich die Branche einer Verlangsamung ausgesetzt. Trotzdem ist Allison optimistisch, was die langfristige Prognose angeht. Bis 2030 wird sich die Halbleiterindustrie zu einer Milliarden-Dollar-Branche entwickeln, angetrieben durch intelligente Geräte, 5G-Mobilfunknetze und künstliche Intelligenz. Dies ist eine gute Nachricht für die VAT und Allison – denn alle diese Technologien benötigen Chips, bei denen die Vakuum-ventil-Lösungen der VAT eingesetzt werden.

Auch in einem rasant wachsenden Umfeld zeigt sich Allison in seiner Rolle ganz gelassen. «Die Arbeit eines CEOs ist nicht unbedingt schwieriger als jeder andere Job, den ich gemacht habe. Die Aufgaben der Führungskräfte und des oberen Managements sind ebenso anspruchsvoll, weil wir uns ständig verbessern, neue Lösungen für unsere Kunden suchen und die enormen Produktionssteigerungen in unserer Branche bewältigen müssen.» Wenn er nicht im Büro ist, nimmt sich Allison Zeit für persönliche Leidenschaften, sei es beim Golfspielen, an den Wochenenden, wenn er offline ist, oder wenn er Zeit mit seiner Frau und seinen beiden Kindern verbringt. «Ein gutes Familienleben gibt mir Halt. Ich geniesse die einfachen Dinge des Lebens genauso wie die exklusiven Annehmlichkeiten, die mit der Position eines CEOs verbunden sind.»

Vorerst geht die Wachstumsreise der VAT weiter. Aber für Allison ist es an der Zeit, sich zu verabschieden. Nach sechs Jahren an der Spitze hat er beschlossen, das Unternehmen Ende 2023 zu verlassen. Der Zeitpunkt ist günstig – Allison ist 60 geworden und möchte sich im nächsten Kapitel auf seine Familie konzentrieren. «Es ist immer gut, auf einem Höhepunkt abzutreten», sagt Allison. «Ich habe hier viel erreicht und bin bereit, das Steuer an jemand anderen zu übergeben, damit die VAT die nächste Stufe erklimmt.»

«Führen kostet viel Energie, und ich muss darauf achten, dass ich mir Zeit für die Familie nehme oder auch für mein Hobby, das Golfen.»

VAT ist eine global führende Herstellerin von High-End-Vakuumventilen. Diese Ventile kommen in fortschrittlichen Herstellungs­verfahren für wichtige Produkte wie Mobiltelefone, Solarzellen und Flach­bildschirme zum Einsatz. Das weltweit tätige Unternehmen hat seinen Hauptsitz in der Schweiz und seine Produktions­stätten in der Schweiz, Malaysia und Rumänien. Die VAT wurde 1965 gegründet und beschäftigt fast 3’000 Mitarbeitende. Seit 2016 ist die VAT an der SIX Swiss Exchange kotiert. 

www.vatvalve.com

Mike Allison (60) ist eine unternehmerische Führungs­persönlichkeit mit mehr als 35 Jahren Erfahrung in wachstums­starken Technologie­unternehmen. Allison kam 2018 als CEO zur VAT. Er führte das Unternehmen 2022 zu einer Rekord-Rentabilität und zum ersten Mal über die Umsatz­grenze von einer Milliarde Franken. Er hat einen BSc Honours in Electrical and Electronic Engineering von der Universität Glasgow und internationale Erfahrungen in Europa, den USA und Asien gesammelt. Allison wird Ende 2023 als CEO zurücktreten, um mit seiner Familie ein neues Kapitel zu beginnen.

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