Philippe Sahli
revolutioniert
den Umgang
mit Kosten

Text: Andrea Schmits | Bilder: Markus Bertschi | Magazin: Bigger, better, stronger – Dezember 2023

Yokoy revolutioniert mit künstlicher Intelligenz die Handhabung von Spesen und Rechnungen. Das Zürcher Start-up ist in kurzer Zeit stark gewachsen. CEO Philippe Sahli erklärt, wie es dazu kam.

Herr Sahli, auf der Website von Yokoy steht, Ihre Mission sei «zutiefst persönlich». Mussten Sie sich in Ihrer Laufbahn schon mit mühsamen Spesenabrechnungen herumschlagen?

Ja, definitiv. Yokoy ist aus einem Problem heraus entstanden. In meiner Zeit als CFO in anderen Unternehmen habe ich gesehen, welch hohen Aufwand Spesen verursachen können. Die Umstände für die Spesenverursacher:innen selbst – Quittungen behalten, abfotografieren usw. – sind nur die Spitze des Eisbergs. Der Grossteil der Arbeit liegt bei den Finanzverantwortlichen und fällt nach der Geschäftsreise oder dem Geschäftsessen an. Dazu gehören zum Beispiel Genehmigung, Verbuchung, Abgleich mit Firmenkarten oder Archivierung.

«Hat man keine Herausforderungen, hat man zu wenig probiert» 

Was zeichnet Yokoy aus?

Mir war immer wichtig, den gesamten Prozess zu vereinfachen: vom Einreichen bis zum Auszahlen. Das tun wir auf Basis künstlicher Intelligenz (KI). Sie erlaubt uns, 80 bis 95 Prozent aller Schritte zu automatisieren. In unseren Büros in Zürich verfügen wir über ein eigenes KI-Forschungslabor. Dort liegt der Fokus einzig darauf, dieses Modell zu verbessern: Wie kann es noch viel besser lernen? Welche Arbeiten könnte es noch übernehmen? Wo hat es Fehler? KI ist der Grund, wieso Yokoy anders ist als andere Lösungen. Durch den hohen Grad an Automatisierung können sich die Finanzverantwortlichen auf diejenigen Quittungen konzentrieren, die wirklich ihre Urteilskraft erfordern.

Yokoy hat sich seit der Gründung 2019 bereits umbenannt und sein Angebot stark ausgeweitet. War das Teil des Plans?

Die Umbenennung definitiv nicht (lacht)! Wir haben als «Expense Robot» angefangen – ein denkbar schlechter Name, weil er auf Google nicht gefunden wurde. Zudem ging es bei diesem Namen ausschliesslich um Spesen. Die Vision war aber schon damals viel grösser: Wir wollten eine Lösung bieten, mit der ein Unternehmen alle Ausgaben wie Spesen, Rechnungen und Kartentransaktionen über ein einziges Tool abwickeln kann. Wir möchten das Leben der Menschen vereinfachen.

«Am Anfang sind aber die eigenen Leute am wichtigsten: Ein Start-up braucht Mitarbeitende, die die Vision mitleben. »

Wie haben Sie den richtigen Moment für Wachstum erkannt?

Einige unserer Kund:innen äusserten den Wunsch, mehr als nur Spesen über unser Tool abrechnen zu können. Also entschieden wir uns, das Angebot auf Rechnungen und Firmenkreditkarten zu erweitern. Ich bin aber froh, mit Spesen begonnen zu haben, so konnten wir unsere bereits bestehende KI erweitern. Hätten wir von Anfang an alles gewollt, wäre es womöglich zu viel gewesen.

«Künstliche Intelligenz erlaubt uns, 80 bis 95 Prozent aller Schritte zu automatisieren.»

Hatten Sie auch Zweifel, ob die Erweiterung des Geschäfts der richtige Weg ist?

Nein, nie. Statt zu zweifeln, haben wir uns darauf konzentriert, Yokoy so gut zu machen, dass die Kundschaft alle drei Angebote – Yokoy Expense, Invoice und Pay – zusammen verwenden möchte und so den höchsten Nutzen aus unserem Angebot zieht.

Welche Rolle spielte dabei die Skalierbarkeit?

Eine grosse. Während wir bei den Spesen noch darauf aus waren, möglichst schnell viel Firmenkundschaft zu akquirieren, gingen wir bei der Erweiterung anders vor. Wir haben das neue Angebot gemeinsam mit einem Kunden aufgebaut und dann Schritt für Schritt auf weitere Interessierte ausgeweitet. Dadurch war die Entwicklung langsamer, aber bedachter. Erst nach etwa eineinhalb Jahren haben wir das Produkt allen Kund:innen angeboten.

«Je länger der Wachstumsprozess andauert, desto grösser werden die Herausforderungen und desto interessanter wird es.»

Was sind Ihre Erfolgsfaktoren für nachhaltiges Wachstum?

Es gibt viele Dinge, die zusammenspielen müssen: Dazu gehört unter anderem, dass man sich einen guten Ruf aufbaut und die richtigen Kund:innen, Investor:innen und Partner:innen findet. Am Anfang sind aber die eigenen Leute am wichtigsten: Ein Start-up braucht Mitarbeitende, die die Vision mitleben. Wir hatten riesiges Glück, dass wir von Anfang an genau solche Menschen gefunden haben.

Was müssen Yokoy-Mitarbeitende denn mitbringen?

Wir suchen Menschen mit Unternehmergeist, die Lust haben, etwas aufzubauen und die Welt zu verändern. Menschen, die wegen der Sache und nicht wegen eines hohen Gehalts oder eines schicken Büros zur Arbeit kommen. Andererseits müssen sie auch eine gute Work-Life-Balance mitbringen, um nicht auszubrennen: Die perfekte Person kann auch mal abschalten und hat auch ein Leben ausserhalb von Yokoy.

Spürt auch Yokoy den Fachkräftemangel?

Bis jetzt konnten wir noch jede Stelle besetzen, obwohl wir sehr wählerisch sind. Aber ja, manchmal dauert es etwas länger – ausser, bei anderen Techunternehmen gibt es gerade eine Entlassungswelle. Wir haben den Vorteil, dass wir an vielen coolen Standorten zuhause sind, die auch gute technische Hochschulen haben – zum Beispiel in Zürich, Amsterdam, München und Wien.

Was war Ihre bisher grösste Herausforderung?

Ganz klar, die Corona-Pandemie. Wir hatten unsere Firma damals frisch gegründet und es dauerte lange, bis wir die neuen Mitarbeitenden erstmals sehen durften. Das war nicht cool. Andererseits hat uns diese Zeit aber auch viele Neukund:innen beschert, weil Unternehmen während des Lockdowns nichts anderes übrigblieb, als bestimmte Prozesse zu digitalisieren: Die Menschen blieben zuhause, während die Rechnungen per Post ins Büro geliefert wurden. Da realisierten viele, dass es eine neue Lösung braucht.

Und seither läuft alles rund?

Seitdem stehen wir immer wieder vor Herausforderungen, wie etwa, dass ein neues Feature nicht so funktioniert, wie es soll oder überhaupt nicht verstanden wird. Aber das gehört dazu: Hat man keine Herausforderungen, hat man zu wenig probiert. Gerade in Technologieunternehmen gehört eine gesunde Fehlerkultur einfach dazu.

Wie geht es weiter? Gibt es einen Punkt, an dem Sie sagen: Jetzt sind wir gross genug?

Nein, diesen Punkt gibt es nicht. Als nächstes wollen wir in möglichst viele Länder expandieren. Zudem sind wir im stetigen Austausch mit Regierungen und Steuerbehörden in aller Welt. Unser Ziel ist, Veränderungen voranzutreiben, um das Ausgabenmanagement für Unternehmen zu vereinfachen. 

Yokoy wurde im März 2019 unter dem Namen Expense Robot gegründet und eineinhalb Jahre später umbenannt. Die fünf Gründer:innen haben zum Ziel, das Ausgabenmanagement von Unternehmen durch künstliche Intelligenz zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Angefangen hat das Zürcher Start-up mit einem Tool für das Spesenmanagement, mittlerweile wurde es um die Handhabung von Rechnungen sowie um eine eigene Firmenkreditkarte erweitert. Yokoy ist heute an sechs Standorten vertreten und zählt über 250 Mitarbeitende. Zu seinen Kund:innen zählen unter anderem Breitling, V-ZUG, ISS und Stadler Rail. 

www.yokoy.ai

Yokoy-CEO und Mitgründer Philippe Sahli (30) begann seine Laufbahn bei Novartis als Chemielaborant. Nach einem Wirtschaftsstudium in New York mit Abschluss in London zog es ihn nach Zürich zu EY und später zur UBS und als CFO zum Schweizer Software-Start-up Beekeeper. Als ehemaliger CFO weiss er, wie mühsam die Verwaltung von Spesen und Rechnungen sein kann. Yokoy startete der Thuner gemeinsam mit seinen vier Mitgründer:innen in einem Büro im Zürcher Niederdorf.

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