Silvia Schweickart
auf der Suche
nach jungen Talenten

Text: Marah Rikli | Bilder: Markus Bertschi | Magazin: Bigger, better, stronger – Dezember 2023

Sie ist eine Verfechterin von Weiter­bildungen und Teilzeit­arbeit und sieht darin eine Strategie, dem Fachkräfte­mangel entgegenzuwirken. Ein Gespräch mit Silvia Schweickart, Vorsitzende der Geschäftsleitung Novartis Pharma Schweiz AG, über die Chancen und Heraus­forderungen von Personalknappheit.

Frau Schweickart, Ihr Unternehmen hat gerade einen organisatorischen Transformierungsprozess hinter sich, der ihrem Unternehmen Wachstum verspricht. Was braucht es, damit eine Belegschaft Veränderungen annimmt und gutheisst?

Wir haben eine neue Organisationsstruktur und ein neues Betriebsmodell eingeführt, um in den nächsten zehn Jahren unsere anvisierten Wachstums-, Innovations- und Produktivitätsziele zu erreichen. Einmal mehr hat sich für mich bestätigt: Es braucht konstante und transparente Kommunikation. Entscheidungen müssen sehr rasch getroffen werden, auch wenn sie nicht immer perfekt sind! Je länger ein Prozess dauert, desto unsicherer und unruhiger wird das Team. Emotionen und Feedback zuzulassen, sehe ich als sehr relevant an, ebenso wie die Mitarbeitenden miteinzubinden, sonst können solche Prozesse auch scheitern.

«Um als Unternehmen zu wachsen, braucht es kompetente Fachkräfte»

Sie sind bekannt dafür, dass Sie Mentorings und Weiterbildungsmöglichkeiten und das persönliche Wachstum Ihrer Mitarbeitenden unterstützen.

Talente gezielt zu schulen, auf eine mögliche nächste Rolle vorzubereiten und damit für qualifiziertes Personal zu sorgen, macht für ein Unternehmen immer Sinn. Die Strategie, den Nachwuchs zu fördern und weiterzuentwickeln, wirkt zudem dem Fachkräftemangel entgegen – insofern sehe ich das auch als gemeinsame Aufgabe der gesamten Branche. Denn: Um den Markt stabil zu halten und als Unternehmen zu wachsen, braucht es kompetente Fachkräfte.

Wie fördern Sie bei Novartis Schweiz den Nachwuchs konkret?

Wir bieten zum Beispiel ein Programm an, das MBA-Absolvent:innen aufnimmt. Die Teilnehmenden durchlaufen dabei innerhalb von zwei Jahren mehrere Länder und Funktionen. Zudem ist unser lokales Trainee-Programm sehr populär – oft kommt es danach zu einer Festanstellung. Viele junge Mitarbeitende möchten bereits nach einem Jahr die nächste Rolle oder ein nächstes Projekt übernehmen, sie wollen sich schnell entwickeln. Bietet man als Arbeitgeber:in keine schnellen Wachstumsmöglichkeiten, ziehen junge Mitarbeitende unter Umständen schnell weiter.

«Bietet man als Arbeitgeber:in keine schnellen Wachstums­möglichkeiten, ziehen junge Mitarbeitende unter Umständen schnell weiter.»

Und Novartis bietet die gewünschten Entwicklungsmöglichkeiten?

Wir sorgen für Perspektiven: Zum Beispiel in Projekten um Digitalisierung oder künstliche Intelligenz (KI) – Bereiche, die junge Menschen sehr interessieren. Hybrides Arbeiten ist bei der Generation Z ebenfalls sehr populär, bei uns ist das mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Ebenso wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Wir gewähren viereinhalb Monate Elternzeit – für Mütter und Väter. Ich bin eine Verfechterin von Teilzeitarbeit. Viele unserer Mitarbeitenden arbeiten in Pensen von 60 bis 80 Prozent, auch in Führungspositionen oder in der Geschäftsleitung.

«Talente gezielt zu schulen und damit für qualifiziertes Personal zu sorgen, macht für ein Unternehmen immer Sinn»

Der Fachkräftemangel ist auch bei Ihren Kund:innen ein grosses Thema. Spüren Sie Auswirkungen bei Novartis Pharma Schweiz?

Der Mangel an Personal und Zeit ist vor allem in Arztpraxen, Apotheken und Kliniken spürbar. Unsere Kund:innen haben sehr viel weniger Zeit als früher. Ich sehe diese Situation aber als Chance, dass wir effizienter und agiler werden. Ein schnell wachsender und immer wichtiger werdender Bereich bei Novartis sind digitale und personalisierte Lösungen, um über unsere Produkte zu informieren. Ärzt:innen sparen dadurch Zeit, weil sie für unsere Aussendienstmitarbeitenden keine Termine mehr reservieren müssen – wir können alle Informationen digital liefern. Zudem entlasten wir die Praxen, indem wir ihre Patient:innen unterstützen.

Inwiefern?

Wir setzen zum Beispiel auf Tools, die chronisch kranke Patient:innen beim Management ihrer Krankheit unterstützen und entwickeln diese stetig weiter. Schlussendlich laden solche Herausforderungen, wie im Moment der Fachkräftemangel, auch dazu ein, innovativer zu werden und bieten sogar Wachstumsbereiche, zum Beispiel durch KI. KI ist bei uns beispielsweise in der Medikamentenentwicklung und Forschung hilfreich. Einige Prozesse, die man früher manuell machen musste, kann heute die KI übernehmen und deutlich beschleunigen – das ist natürlich enorm hilfreich.

«Unsere Kund:innen haben sehr viel weniger Zeit als früher. Ich sehe dies aber als Chance, dass wir effizienter und agiler werden.»

Was sind weitere Themen, die in den nächsten zehn Jahre auf Ihr Unternehmen zukommen?

Ein sehr grosser Fokus liegt auf der Digitalisierung und KI – ich bin ein grosser Fan davon und sehe darin enormes Potenzial für Wachstum und um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wir möchten das führende Unternehmen in Sachen KI und Digitalisierung in der Pharmabranche werden. Wir sind bereits zum grössten und umsatzstärksten Pharma-Unternehmen im Schweizer Markt gewachsen, nun möchten wir diese Position behalten und weiter ausbauen.

«Es ist unglaublich wichtig, Weitsicht sowie eine Portion Durchhaltevermögen mitzubringen.»

Die Schweizer Geschäftseinheit von Novartis ist für die Vermarktung von rund 80 verschreibungspflichtigen Medikamenten in der Schweiz zuständig. Zu den Haupttherapiegebieten zählen Onkologie und Hämatologie, Neurowissenschaften, Immunologie und Kardiologie. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 260 Mitarbeitende im Innen- und Aussendienst. Sie sind unter anderem im Marketing und Vertrieb, in der medizinischen Beratung und der Qualitätssicherung tätig, während sich andere Mitarbeitende zum Beispiel um die Logistik kümmern, Bestellungen bearbeiten oder klinische Studien koordinieren.

www.novartis.ch

Silvia Schweickart ist seit dem Jahr 2019 Vorsitzende der Geschäfts­leitung der Novartis Pharma Schweiz AG. Zuvor war sie bei Nestlé Skin Health als General Manager für die Geschäfte in der Schweiz verantwortlich. In ihrer internationalen Karriere hat sie Stationen in den USA und Europa durchlaufen, unter anderem bei Saatchi Saatchi Healthcare in New York und bei Merz Pharmaceuticals in Deutschland und Grossbritannien. Sie hat einen Master of Business Administration (MBA) der WHU – Otto Beisheim School of Management in Deutschland.

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