Branchendynamiken als Chance nutzen

Innovationen sind der Lebensnerv für Unternehmen im Bereich Life Sciences, sagt Dominik Hotz. Aufgrund des starken Kostenwachstums im Gesundheitswesen stehen pharmazeutische Unternehmen und Spitäler weltweit wie auch in der Schweiz unter hohem Reformdruck. Für den Leiter Pharma und Life Sciences bei PwC Schweiz sind Investitionen in digitale Technologien und in die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen nötig, damit Unternehmen aus der Schweiz auch in Zukunft im globalen Wettbewerb zur Weltspitze gehören.

Magazin: Life & Science – Juli 2017

Life Sciences sind äusserst vielfältig und interdisziplinär. Wie definieren Sie diesen Begriff ?

Im Kern geht es um die Gesundheit von lebenden Organismen, also von Pflanzen, Menschen oder Tieren. Darunter fallen die Aktivitäten der pharmazeutischen Industrie, der Spitäler und des Gesundheitssektors – ein Bereich, der starkes Wachstum aufweist und in den viele Unternehmen drängen – oder auch Unternehmen, die im Agrarsektor tätig sind, etwa in Bezug
auf Saatgut.

Weshalb sind Schweizer Unternehmen in der Branche so erfolgreich?

Die Schweiz verfügt seit je über einen sehr kleinen Heimmarkt. Das zwang die Unternehmen schon früh, über die Grenzen hinaus zu expandieren und gleichzeitig Talente von ausser­halb zu holen. Daraus entwickelte sich die heutige Unternehmens­kultur in vielen grossen, global tätigen Unternehmen. Das gute Ausbildungssystem in der Schweiz mit den technischen Hoch­schulen und Universitäten, die den Austausch mit dem Ausland und mit der Praxis fördern, sind ein guter Nährboden. Die Stabilität des Wirtschaftsstandorts Schweiz und die damit ein­hergehende langfristige Planbarkeit sind namentlich in der Pharmaindustrie mit ihren langen Produktionszyklen von Bedeu­tung. Denn von der Idee bis zur Marktreife eines Medikaments dauert es im Schnitt zehn Jahre.

Welchen Einfluss haben Bevölkerungswachstum, zunehmende Lebenserwartung und steigende Ausgaben im Gesundheits­wesen auf Dynamiken innerhalb der Branche?

Bevölkerungswachstum und steigender Wohlstand führen zu einer höheren Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und Pharmaprodukten. In den OECD-Ländern betragen die Ausgaben für Gesundheit bereits rund 13 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Sie wachsen deutlich schneller als die Wirtschaft als Ganzes. Allen Akteuren im Gesundheitsmarkt ist bewusst, dass diese Entwicklung nicht nachhaltig ist. Pharmaunternehmen sind unter Preis- und Margendruck geraten, Leistungserbringer und Spitäler haben effizienter und effektiver zu arbeiten. Wir beobachten auch verstärkte Fusionsaktivitäten, intensivere Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen Unternehmen und Spitälern.

Dominik Hotz
Leiter Pharma und Life Sciences, PwC Schweiz

Dominik Hotz ist Partner und Leiter Pharma und Life Sciences bei PwC Schweiz. Aus einer Apothekerfamilie stammend, kam er schon in jungen Jahren mit den Themen der Branche in Kontakt. Hotz hat in München und an der London School of Economics and Political Sciences Philosophie und Volkswirtschaft studiert. Nach Stationen in der Pharmaindustrie und bei Biotech-Unternehmen kam er vor elf Jahren zu PwC in die Unternehmensberatung. Seit 2015 leitet Hotz ein interdisziplinäres Team von Spezialisten, das ganzheitliche Beratungs­dienstleistungen für den Life-Sciences-Sektor erbringt.

Welche kurz- und langfristigen Trends und Entwicklungen sind in diesem Cluster für Unternehmen in der Schweiz zu erwarten?

Zum einen ist es die angesprochene, zunehmende Konvergenz. Die Interessen der Akteure im Gesundheitswesen nähern sich an, die Patienten rücken in den Fokus. Zum anderen der Einfluss der digitalen Technologien. Der Austausch von Patientendaten verbessert die Behandlung. Biostatistische Methoden ermöglichen, Wirkungsanalysen über Therapien anzustellen.

Die konsequent hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung zahlen sich für Schweizer Unternehmen im internationalen Vergleich aus. Wo hat die Schweiz Aufholbedarf?

Politische Unsicherheiten sind potenziell gefährlich und der bereits erwähnten langfristigen Planungssicherheit abträglich. Die Schweiz tut gut daran, diese Unsicherheiten zu begrenzen. Mittelfristig müssen wir Lösungen für eine OECD-konforme Steuer­gesetzgebung sowie für eine verfassungskonforme Einwanderungs­politik finden. Diese erlauben es weiterhin, dass Talente aus der ganzen Welt die wissenschaftliche und wirtschaftliche Dynamik in der Schweiz stärken. Aus einer Life-Sciences-Perspektive sollte die Schweiz ferner darauf achten, ihren Spitzenplatz bei Bildung und Ausbildung zu halten und zu stärken, einheitliche Standards für Gesundheitsdaten zu setzen und eine stärkere über­kantonale Zusammenarbeit im Gesundheitswesen anzustreben.

Welche drei Begriffe fallen Ihnen spontan zum Thema
Leben ein?

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