Der Arbeitsplatz im Wandel

COVID-19 zwingt Unternehmen zu neuen Arbeitsformen. Diese Entwicklung war jedoch schon vor der Pandemie absehbar, sagt Jose Marques, Partner im Bereich People and Organisation bei PwC Schweiz. Die Massnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 haben den Wandel nur beschleunigt.

Magazin: Work in progress – November 2020

Arbeitszeiten und Arbeitsplätze – was bringt die Zukunft?

Der Ausbruch von COVID-19 hat eine Labor­situation für den Arbeitsplatz der Zukunft geschaffen. Die Menschen waren plötzlich gezwungen, mobil, anders und vor allem digital zu arbeiten. Damit ergibt sich für uns alle die Gelegenheit, uns auf hohem Niveau weiterzubilden und weiterzuqualifizieren. Ein anderer Aspekt dieses Wandels sind flexible Arbeitszeiten. All dies ist bei der Ausgestaltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen zu berücksichtigen, gleichzeitig müssen die Arbeitnehmenden geschützt werden. Daher entwickeln Unternehmen ihre Richtlinien ständig weiter – denn ein Gemeinschaftssinn, der die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt rückt, ist heute wichtiger denn je.

Manche Tätigkeiten werden obsolet, andere entstehen neu. Was bedeutet das für Unternehmen?

Laut der PwC-Studie «Hopes & Fears» sind 53 Prozent der Arbeitnehmenden der Überzeugung, dass die Automatisierung ihre Arbeit in den kommenden zehn Jahren signifikant verändern oder gar überflüssig machen wird. Automatisierung bietet aber auch die Chance, nur geeignete Arbeiten selbst zu verrichten und frei gewordene Zeit für andere Aufgaben zu nutzen. Unternehmen sollten daher diese Transformation unterstützen, neue Technologien annehmen und ihre Mitarbeitenden entsprechend schulen. Denn es macht nur Sinn, in Technologie zu investieren, wenn die Mitarbeitenden richtig damit umgehen können.

Jose Marques
Partner, PwC Schweiz

Wie lässt sich die Diskrepanz zwischen vorhandenen und gewünschten Kompetenzen beseitigen?

Kompetenzprofile wandeln sich stetig. So zeigt sich angesichts von COVID-19 deutlich der enorme Bedarf an digitalen und unternehme­rischen Fähigkeiten sowie Soft Skills. Unter­nehmen müssen – gerade jetzt – ihren zukünftigen Bedarf an Kompetenzen, Mitarbeitenden und Büroräumlichkeiten prognostizieren. Dabei müssen sie sich bewusst sein, dass es weniger kostet, bestehende Mitarbeitende zu schulen als neue einzustellen und auf das gewünschte Niveau zu bringen. In diesem Zusammenhang hat PwC Luxemburg in Kooperation mit der Regierung ein Ökosystem mit Stellenmarkt geschaffen, in dem die Fähigkeiten von Personen mit internen Stellen abgeglichen und Qualifikationslücken durch Schulungen geschlossen werden. Zudem werden Mitarbeitende, die das Unternehmen verlassen wollen, bei der Suche nach einer externen Position unterstützt. Ein solcher Ansatz ist für Unternehmen in der heutigen Welt von ent­scheidender Bedeutung.

Wie hat sich die Situation für Führungskräfte in den letzten 20 Jahren verändert?

Die aktuellen Entwicklungen lehren uns, dass nicht alles mit Technologie gelöst und gesteuert werden kann. Machine Learning und künstliche Intelligenz können uns noch nicht retten. Die wahren Helden sind nach wie vor Menschen, beispielsweise Ärzteteams und Krisenmanager. Führungskräfte müssen heute wahre Maestros sein – wie der Dirigent eines Orchesters bringen sie ein Ensemble zusammen, das grösser als die Summe seiner Teile ist. Sie benötigen einen Zweck und eine Vision, verbunden mit starken Werten. Und sie müssen das Unbekannte managen – oder sogar eine Krise wie COVID-19, die sich niemand hat ausmalen können.

Diversität und Inklusion – geht es dabei nur um politische Korrektheit?

Sie sind unabdingbar. Bei PwC Schweiz werden Diversität und Inklusion als Antreiber unseres Geschäfts und nicht als Nice-to-Have angesehen. Wir generieren Wert mit Diversität. Zahlreiche Studien belegen, dass Unternehmen, die Diversität leben und ihren Mitarbeitenden das Gefühl geben, dazuzugehören und unterstützt zu werden, erfolgreicher wirtschaften und bessere Entscheidungen treffen. Ein erfolgreiches Unternehmen benötigt das kollektive Engagement seiner Mitarbeitenden.

Jose Marques, vielen Dank für das Gespräch.