Mut und Verantwortung in Balance

Die PwC-Experten Reto Häni und Andreas Eschbach über die Erfolgsfaktoren für den Sprung ins digitale Zeitalter.

Magazin: Vertrauen im digitalen Zeitalter – Dezember 2017

Die Digitalisierung hat die Geschäftswelt von Grund auf verändert. Was braucht es, um in dieser Ära erfolgreich zu sein?

Reto Häni: Mut, Geschwindigkeit und Verantwortung. Es braucht Courage, um die Digitalisierung so zu nutzen, dass etwas Neues und Besseres entsteht. Tempo ist wichtig: schnell etwas ausprobieren und das Risiko in Kauf nehmen, dass es nicht funktioniert. Dabei müssen Unternehmen die Daten ihrer Kunden so schützen, wie sie es mit einem physischen Gut tun würden.

Andreas Eschbach: Unternehmen müssen vor allem antizipieren können. Jede Organisation benötigt Mitarbeiter, die sich mit den technologischen Veränderungen und Möglichkeiten sowie deren Risiken auseinandersetzen und die Chancen für das eigene Geschäftsmodell evaluieren. Und zwar nicht nur alle drei bis fünf Jahre, sondern laufend.

Wie lässt sich die richtige Balance finden zwischen den Chancen der Digitalisierung und den Gefahren, die der digitale Fortschritt mit sich bringt?

Andreas Eschbach: Unternehmen sollten sich nicht vor Neuem verschliessen, sondern nach dem Motto «Learn fast, fail fast» Dinge ausprobieren. Dabei kann ein Innovationszentrum ein guter Ort sein, wo Mitarbeiter innovative Ansätze entwickeln und – auch hier – inhärente Risiken in der Bewertung miteinfliessen lassen. Aber nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch sinnvoll. Ich rate Unternehmen, nicht jeden Hype mitzumachen. 

Reto Häni: Auf der einen Seite ist es richtig, mit der Digitalisierung mutig voranzuschreiten. Denn sie bietet viele Chancen: von der Automatisierung über höhere Effizienz bis hin zu ganz neuen Business-Modellen. Genauso wichtig ist es aber, sich bei jedem Schritt der Gefährdung bewusst zu sein. Datenschutz und Sicherheit gehören nicht an den Schluss, sondern sind ein paralleler Prozess.

#Leidenschaft_für_Sicherheit #Neugierde  #Offenheit

Reto Häni
Partner und Leiter
Cybersicherheit und Datenschutz,
PwC Schweiz

Wie können sich Unternehmen das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern sichern? 

Reto Häni: Indem sie sich bewusst machen, dass Daten wertvoll sind und sie auch als Wertobjekte behandeln. Um Vertrauen zu schaffen, ist Transparenz elementar. Unternehmen sollten klar darstellen, welche Informationen sie sammeln, wie sie mit den Daten umgehen und sie schützen.

Andreas Eschbach: Im B2C-Geschäft helfen Portale dabei, für Transparenz zu sorgen – in puncto Preis, Service und Kundenzufriedenheit. Die Sicherheit der Kundendaten wird hier meistens jedoch nicht dargestellt. Vertrauensbildend sind auch Zertifizierungen, die belegen, dass ein Unternehmen internationale Sicherheitsstand­ards befolgt. Im B2B-Bereich brauchen Unternehmen ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept. Die wenigsten Firmen, welche wir zum ersten Mal analysieren, sind für ihr Geschäftsmodell, ihre geographische Geschäftstätigkeit sowie ihre Firmenstruktur, fortlaufend und optimal geschützt.

#TechGeek  #Tüftler #Unternehmer

Andreas Eschbach
Partner und Leiter
Risk Assurance Services,
PwC Schweiz

Sie plädieren dafür, das Risikomanagement als strategisches Werkzeug einzusetzen. Wie kann das in der Praxis aussehen?

Andreas Eschbach: Ein Beispiel ist die Risikobewertung in Echtzeit. Die meisten Unternehmen führen quartalsweise oder halbjährliche Risikobeurteilungen durch. Wer die Risiken allerdings in Echtzeit verfolgt, erkennt Tendenzen und mögliche Bedrohungen. Das Unternehmen kann so statt reaktiv proaktiv reagieren, was in der heutigen Zeit einen strategischen Vorteil gibt.

Wer die Medien verfolgt, bekommt das Gefühl: Cyber-Angriffe haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Deckt sich dieser Eindruck mit Ihrer Erfahrung? Und was ist der grössere Risikofaktor: der Mensch oder das IT-System?

Reto Häni: Ja, Cyber-Attacken nehmen in der heutigen Zeit deutlich zu. Häufig bemerken Unternehmen gar nicht, dass sie angegriffen werden. Die Dunkelziffer ist trotz der höheren Sichtbarkeit noch immer hoch. Die Angriffe laufen heute zudem so professionell ab, dass der Mensch nicht mehr das primäre Risiko ist. Investitionen in Sicherheitstechnologien werden also immer wichtiger.