Perspective

Perspective: Für nachhaltig engagierte Unternehmen ergeben sich viele neue Perspektiven

Eine Frage der Perspektive

Das Thema Nachhaltigkeit ist so facettenreich, dass wir es aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten sollten. Mit dem Kapitel «Perspective» möchten wir dazu anregen, neue Perspektiven einzunehmen, Bewährtes zu hinterfragen und mit Blick auf die Zukunft zu innovieren. Dass wir dazu neue Standpunkte benötigen, ist unvermeidlich. Denn die Menschheit verbraucht heute jedes Jahr 60 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde zur Verfügung stellen kann1.  

Damit wird die Zukunft zur unternehmerischen Verantwortung. Ziel der Wirtschaftsakteure weltweit muss es sein, ökonomisch, ökologisch, sozial und zukunftsorientiert zu wirtschaften. Nur so können wir die Klimaziele unseres Landes und der internationalen Staatengemeinschaften unterstützen. Und nur so geben wir aktuellen und nachfolgenden Generationen eine Perspektive.

1 Report von WWF und PwC: Kreislaufwirtschaft als Chance für die Wirtschaft, PwC Schweiz, 2021

Fairness gewinnt

Interessante Mechanismen in dieser Betrachtung verfolgt der faire Handel. Dabei erhalten die Erzeuger für ihre Produkte einen Mindestpreis, der von einer Fair-Trade-Organisation bestimmt wird. Renommierte Namen sind Fairtrade, Flower Label Program oder Max Havelaar. Ein bemerkenswertes Beispiel für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Konzepts hat das Luzerner Familienunternehmen Gübelin eingeführt. Mit der ersten «Provenance Proof»-Blockchain lassen sich bei Edelsteinen sämtliche Schritte der Lieferkette nachverfolgen. So entsteht für die weltweite Schmuckbranche maximale Transparenz über die Provenienz von Juwelen. Fairer Handel erfordert ein Umdenken bei Unternehmen und Konsumenten.

«Für nachhaltig engagierte Unternehmen ergeben sich viele neue Perspektiven.»

Wenn sich der Kreis schliesst

Einen ähnlichen Perspektivenwechsel fordert die Kreislaufwirtschaft – auch Circular Economy genannt. Sie wechselt vom derzeit linearen Herstellen-Konsumieren-Wegwerfen-Ansatz hin zu einem regenerativen, geschlossenen Kreislauf von Wertstoffen und Ressourcen. Wer zirkular wirtschaftet, geht ökonomischer mit den verfügbaren Ressourcen um und reduziert seine systemischen Risiken wie Abhängigkeiten von Betriebsmitteln. Zudem stärkt die Kreislaufwirtschaft die Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft und ebnet den Weg zu neuen Märkten, Innovationen und Investitionen.

Zirkularität als Geschäftsmodell sieht vier Strategien vor2: das Schliessen von Material- und Energiekreisläufen (z. B. durch das möglichst vollständige Rezyklieren verwendeter Rohstoffe), das Verlangsamen (z. B. durch Verlängerung der Produktlebenszyklen), das Verringern (z. B. energieeffizientere Produktion) und das Wiederherstellen (z. B. durch einen erhöhten Einsatz von erneuerbaren Ressourcen).

2 «Circularity as the new normal: Future fitting Swiss businesses», WWF und PwC Schweiz, 2021

Bio trifft Ökonomie

Ebenfalls konsequent naturorientiert sind bioökonomische Innovationen. Diese treiben die Abkehr von einer erdölbasierten Wirtschaft hin zur Nutzung biologischer Ressourcen wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen voran – ähnlich wie grüne Energien in der Stromproduktion. So entstehen neue Wirk- und Wertstoffe aus bisher ungenutzten Reststoffen. Beispiele für bioökonomische Innovationen gibt es viele: Die Grünalge wird zur Herstellung eines roten Farbstoffs eingesetzt, Bioinformatik zur Analyse von Virusmutationen oder Hefe für die Herstellung von Bioethanol. Oder aus Kokosnussschale wird ein holzartiger Baustoff hergestellt, wie dies das Schweizer Cleantech-Unternehmen NaturLoop geschafft hat.

Ein Unternehmen, viele Perspektiven

Für nachhaltig engagierte Unternehmen ergeben sich viele neue Perspektiven. Wer sich beispielsweise einem nachhaltigen Sourcing verschreibt, treibt die Integration von sozialen, ethischen und ökologischen Leistungsfaktoren in der Lieferantenauswahl voran. Mit Impact Investing3 will ein Unternehmen positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft fördern oder Fremdkapital für seine nachhaltige Geschäftstätigkeit gewinnen. Dazu muss es sein Profil nach Umwelt-, Gesellschafts- und Governance-Kriterien (ESG) schärfen, die richtigen Daten erfassen und seine Offenlegung erweitern.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Paradigmenwechsel hin zur Orientierung an positiven Zielvorstellungen anzuführen oder mitzutragen. Dazu müssen die Unternehmen ein integriertes nachhaltiges Management etablieren, eine Vordenker- und Vorreiterrolle sowie die Themenführerschaft in Nachhaltigkeitsbereichen übernehmen, etwa hinsichtlich Mobilität, Bauen oder Lebensqualität. Der englische Fussballclub Forest Green Rovers (UK) zum Beispiel ist der erste klimaneutrale Fussballverein der Welt.

3 «ESG – Game Changer aus strategischer und regulatorischer Sicht», PwC Investmentforum, PwC Deutschland, 2020

Persönlichkeiten im Gespräch

Eine neue Perspektive einzunehmen ist in vielerlei Hinsicht möglich. Die drei nachfolgenden Interviewpartner zeigen auf, wie und warum sie Bewährtes hinterfragt haben und die Nachhaltigkeitsthematik neu angegangen sind. Die Stromproduzentin Alpiq setzt auf grüne Energien. NIKIN produziert faire und nachhaltige Mode und pflanzt gleichzeitig für jedes verkaufte Produkt einen Baum. Und im Doppelinterview zu Sustainable Finance sprechen Falko Paetzold und Tillmann Lang über nachhaltige Finanzdienstleistungen und wie es diese Kunden ermöglichen, in saubere Energien oder Gleichberechtigung zu investieren.