In welchen Situationen ist Vertrauen besonders wichtig? Wann ist Kontrolle besser?
Vertrauen ist überall dort zentral, wo es ums Wachsen und Entwickeln geht, sei dies bei Menschen, Organisationen oder Volkswirtschaften. Kontrolle ist dann angebracht, wenn man wissen möchte, wie schnell oder erfolgreich Entscheidungen umgesetzt werden. Dabei kann Kontrolle Leitplanken setzen. So gesehen ist Kontrolle nichts Negatives, sondern stärkt das Vertrauen.
Wie entwickeln Führungskräfte Vertrauen in ihre Teams?
Dafür gibt es kein Erfolgsrezept. Das hat viel mit Persönlichkeit und Charisma zu tun. In einer Krise zum Beispiel kann ein instruktiver Top-down-Führungsstil Sicherheit und Vertrauen schenken. Denn die Mannschaft ist froh, dass sie sich auf die klaren Anweisungen und Fähigkeiten ihres Vorgesetzten verlassen kann.
Im normalen Wirtschaftsleben wollen die Mitarbeitenden verstehen, warum sie etwas tun oder lassen sollen. Da bietet sich ein integrativer Führungsstil an, bei dem die Führungskraft ihre Mitarbeitenden in den Entscheidungsprozess einbezieht und ihnen als Coach zur Seite steht. So schöpft sie das volle Potenzial ihrer Leute zugunsten des Firmenerfolgs als auch der Weiterentwicklung der Mitarbeitenden aus. Das verstehe ich übrigens unter einer «unbossed company» – eine Firma mit Coaches statt Bossen. Der Begriff wird heute leider oft falsch interpretiert und mit Führungslosigkeit gleichgesetzt.
Was macht einen vertrauensvollen Arbeitgeber aus?
Er hat einen starken Firmenzweck. Damit bleibt er für seine Mitarbeitenden verlässlich und berechenbar. Ausserdem bietet er seinen Angestellten die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Schliesslich muss ein Unternehmen für das Vertrauen seiner Leute über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Nur so spürt es den Puls der Zeit und wird den Bedürfnissen seiner Anspruchsgruppen gerecht.
Stefan Räbsamen, vielen Dank für das Gespräch.