Es gilt als eine grundlegende Voraussetzung für die Zusammenarbeit, ja ganz generell für alles Wirtschaften: Vertrauen. Ein spannendes Thema, findet Antoinette Weibel, die als Ökonomin seit ihrer Studienzeit am Thema arbeitet. «Vertrauen ist ein Schmiermittel, das Transaktionen erst ermöglicht», sagt die vielbeschäftigte Professorin und Direktorin des Instituts für Arbeit und Arbeitswelten in St. Gallen und versucht sich damit an einer ersten Definition des vielschichtigen Begriffs.
Vertrauen sei aber auch ein «Enabler», der Spielraum für Verhandlungen eröffne und Ressourcen spare. Für Unternehmen ist Vertrauen schliesslich die Grundlage, um gute Leistungen zu erbringen sowie Talente in die Organisationen zu holen und letztere an diese zu binden. Ein Thema, das viel mit Emotionen und Hoffnungen zu tun hat.
Wer Vertrauen schenkt, hofft, dass die andere Partei dieses nicht ausnützt. Dabei müssen sich beide Seiten aufeinander einlassen und willens sein, sich verletzlich zu zeigen, sagt Weibel im Gespräch. Der Charakter der Beteiligten spiele dabei eine wichtige Rolle, ebenso Integrität und Werte. Weibel bringt eine Erkenntnis aus der Spieltheorie ein, einer Methode, die Entscheidungssituationen in sozialen Konfliktsituationen modelliert: «Vertrauen ist abhängig von der Intensität der Beziehung: Je besser man sich kennt und je intensiver der Dialog stattfindet, desto grösser ist der Einbezug in die Entscheidungsprozesse.»
Suche nach zuverlässigen Quellen
«Was wir derzeit erkennen, ist ein zunehmendes Misstrauen in der Gesellschaft, erkennbar gegenüber den Institutionen: den Medien, den Unternehmen, der Politik oder der Regierung, aber auch gegenüber Nichtregierungsorganisationen, den NGO», hat Weibel festgestellt. Dies zeige auch das Edelman Trust Barometer, eine jährlich publizierte Studie des PR-Beraters Edelman, für die zuletzt 33’000 Menschen in 27 Ländern zum Thema Vertrauen befragt worden sind. Die Menschen würden wieder nach zuverlässigen, vertrauenswürdigen Quellen suchen. Generell aber hat sich laut der jüngsten Erhebung der Vertrauensverlust in die Institutionen etwas abgebremst, in einzelnen Regionen sind die Werte sogar wieder leicht gestiegen. «Der freie Fall ist vorbei», so das Fazit des 19. Trust Barometers vom Januar 2019.
«Ziel unseres Forschungsprojekts ist es, Misstrauen mithilfe von Indikatoren messbar zu machen.»
Aufbauend auf Studien wie dieser, forschen auch Antoinette Weibel und ihr Team am Thema Vertrauen und seinem Gegenpol, dem Misstrauen (siehe Box). Wobei: «Misstrauen ist nicht einfach das Gegenteil von Vertrauen, sondern eine eigene Kategorie», sagt sie. Während Vertrauen langfristig erarbeitet werden muss, kommt Misstrauen oft unerwartet und schnell daher.