Zu Beginn des Internets wurde der Untergang der gedruckten Zeitung prognostiziert. Es gibt sie noch. Warum?
Der Mensch ist konservativ in seinem Verhalten, er will sich nicht so schnell ändern. Das gedruckte Wort hat eine gewisse Schönheit. Die Zeitung führt den Leser elegant durch die Inhalte: Man kann die Bünde voneinander trennen und mit anderen teilen. Dieses Leseerlebnis lässt sich nicht so einfach in die digitale Welt transferieren.
Wie hat die Digitalisierung den Medienkonsum verändert?
Die digitale Transformation und der Zeitgeist haben neue Nutzungsformen hervorgebracht. Audio und Video wachsen zusammen. Der Gesamtmedienkonsum ist gleichgeblieben, aber er ist granularer geworden und verteilt sich heute auf mehrere Geräte und Medienformen. Kaum jemand liest noch 40 Minuten am Stück die Zeitung.
«Die Digitalisierung hat die Medienwelt gezwungen, kundenorientierter zu werden.»
Was meinen Ihre Kunden?
Viele kämpfen mit dem Informationsüberfluss. Sie wissen nicht, wie sie mit der täglichen Flut an Informationen umgehen sollen. Darum schätzen sie es, dass unsere Medien Kontext liefern, Orientierung geben und sie durch den Informationskonsum begleiten.
Wie reagiert Ihr Unternehmen auf diesen Wandel?
Mit neuen Nutzungsformen für unterschiedliche Geräte. Wir haben neue Formate ins Leben gerufen, in denen wir Inhalte und Kontext mit Videoclips, Audiofiles, Livestreams, Fotos und Text darstellen. Zum Beispiel haben wir neue Kurzformen geschaffen, etwa einen Newsletter mit empfohlenen Tagesaktualitäten. Zudem haben wir eine App entwickelt, mit der man sich die «Neue Zürcher Zeitung» unterwegs vorlesen lassen kann. Eine weitere Neuheit ist ein individualisierter Newsletter. Dabei geben wir zusätzlich zu den Interessengebieten Empfehlungen für Berichte ab, die wir als Medienschaffende für relevant erachten. So kombinieren wir zum Mehrwert für unsere Kunden künstliche und menschliche Intelligenz.
Unsere Herausforderung besteht im Brückenschlag zwischen Tiefgang und Schnelligkeit. Im Print ist der Wandel weniger fundamental, denn Printleser haben ihr Nutzungsverhalten nicht grundlegend geändert. Manche Inhalte – etwa Sportresultate – wurden vollständig in den Online-Kanal verlagert, weil sie dort besser aufgehoben sind.