Ist die Automatisierung angesichts der laufend sinkenden Anzahl Arbeitskräfte nötig?
In einigen Ländern wie Brasilien, China oder Deutschland erkennen wir einen drastischen Arbeitskräfteschwund. Japan verliert eine Million Arbeiter pro Jahr aufgrund von Pensionierungen. Das Land hat bisher sechs Millionen Arbeitskräfte verloren, in den nächsten fünf Jahren gehen weitere fünf Millionen in Pension. Die Automatisierung kann helfen, diese Lücke zu schliessen.
Dasselbe kann eine flexiblere Belegschaft – nicht nur theoretisch. Das beste Beispiel ist Deutschland, das zu den Top-5-Ländern in der Robotisierung gehört. Wir machen 30 Prozent unseres Umsatzes in der deutschen Automobilindustrie, die zu den am stärksten robotisierten gehört. Wir haben Fachkräfte vermittelt, die nach ihrem Temporäreinsatz oftmals von den Autobauern eine Festanstellung erhalten.
Apropos Anstellungsprozess: Hat sich dieser durch die sozialen Medien verändert?
Die Gesellschaft wird immer transparenter und die jüngeren Generationen verlangen mehr Offenheit. Früher haben wir bei Stellensuchenden die Referenzen der Schulen und ehemaligen Arbeitgeber geprüft. Das machen wir zwar immer noch, aber wir berücksichtigen ebenfalls die sozialen Medien. Hier haben sich die Bewerber stärker exponiert und werden damit greifbar für Personalvermittler wie wir, die solche Netzwerke nutzen. Mithilfe der sozialen Medien können wir mehr Kandidaten für uns gewinnen und mehr Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für sie finden.
«Unsere Aufgabe ist es, Arbeitskräfte weiterzubilden, umzuschulen oder in anderen Bereichen einzusetzen, damit sie den Anschluss an die neue Wirtschaft nicht verpassen.»
Ist der Stellenmarkt durch das Internet wettbewerbsfähiger geworden?
Ja, für Stellen, die viel Fachwissen erfordern und international ausgerichtet sind. Bewerber können von fast überall her kommen und fast überall hingehen. Nationalitäten spielen eine geringere Rolle als früher. Beispielsweise stammen die rund 200 Mitarbeitenden hier am Zürcher Hauptsitz der Adecco-Gruppe aus 30 Nationen. Zudem sind die Jungen heute mobiler. Meine vier Kinder beispielsweise arbeiten in drei verschiedenen Ländern, keines davon in der Schweiz. Das Internet und die Digitalisierung erschliessen Neuland. Es ergeben sich riesige Chancen für unsere Industrie, etwa durch Apps oder Chatbots: Neue Wachstumsbereiche entstehen, unsere Arbeitsweise verbessert sich und für unsere Kunden werden Instrumente verfügbar, die sie für ihren Erfolg im digitalen Zeitalter brauchen.
Webseiten für Arbeitgeberbewertungen haben für mehr Transparenz gesorgt, oder?
Diese Plattformen bieten tolle Möglichkeiten für potenzielle Mitarbeitende, um mögliche Arbeitgeber kennenzulernen. Die Bewerber können die Unternehmen nach ihren Schlüsselkriterien durchleuchten. Zu den Zielen unseres Unternehmens gehört es, ein guter Arbeitgeber zu sein und zu bleiben – das ist ein Marktvorteil. Als einer meiner Söhne eine Vollzeitstelle suchte, war er unsicher, für welche Richtung er sich entscheiden sollte. Er hat die 50 besten Arbeitgeber ausgewählt und sich nur dort beworben. Als die Adecco-Gruppe wollen wir über diese Art von Reputation und Vertrauen verfügen.
Wie sieht es mit der Lohntransparenz aus? Wird auch diese kommen?
Mein Lohn ist bereits transparent. Spitzenreiter in diesem Bereich ist Skandinavien. In Norwegen beispielsweise werden alle Steuererklärungen online veröffentlicht. Übers Smartphone kann man herausfinden, wie viel der Nachbar, Arbeitskollege oder sonst irgendjemand verdient. Transparenz gehört zu den wichtigsten Kriterien für einen guten Arbeitgeber. Die Mitarbeiter wollen vertrauen können und suchen einen Beweis, dass ihr Unternehmen vertrauenswürdig ist. Transparenz ist ein Vertrauensbeweis.
Wie nutzen Sie persönlich die sozialen Medien?
Ich habe eine Funktion von öffentlichem Interesse, darum muss ich transparent sein. Ich bin auf verschiedenen sozialen Medien für alle sichtbar aktiv. Eine Technologie, auf die ich mich wirklich freue, ist die Holografie. Sobald ich mich selbst als Hologramm darstellen kann, werde ich weniger Reisezeit benötigen und kann an zwei Orten gleichzeitig sein.
Alain Dehaze
Kurze Fragen – kurze Antworten
Welches ist Ihre Lieblings-App?
Adia, die neue End-to-End-Online-HR-Plattform von Adecco für Kunden und Bewerber.
Können Sie sich an Ihr erstes Handy erinnern? Welches Modell war es?
Motorola StarTAC.
Welches Hintergrundbild ist auf Ihrem Handy oder Laptop zu sehen?
Ein Foto von mir und meiner Familie.