Wie man in den Medien lesen konnte, unterstützen in den USA nun Maschinen die Credit Suisse Mitarbeiter in der Beantwortung von einfachen Compliance-Fragen. Sind Chatbots als software-basierte Online-Berater für Ihre Firma ein Thema? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?
Bei einfacheren Aufgabenstellungen werden bereits in etlichen Industrien automatisierte Lösungen eingesetzt. Genauso, wie eine Selbsthilfe-Software bei der Identifizierung und Behebung einfacher Probleme hilfreich sein kann, können unsere Kunden mithilfe kognitiver Computing-Systeme orts- und zeitunabhängig digital unterstützt werden. Zweifelsohne werden sie der Branche einen grossen Mehrwert bringen, den Kundenberater aber nie ganz ersetzen können.
Welche Bedeutung haben Innovation Centers innerhalb einer Organisation zur Entwicklung neuer digitaler Strategien?
Es gibt zahlreiche Ansätze, die die Innovationsfähigkeit einer Organisation fördern können. Ich denke nicht, dass es hier einen für alle gleich geltenden Ansatz gibt. Für uns hat sich ein integriertes Modell mit starker Unterstützung von aussen als erfolgreich erwiesen: Wir fördern innovatives Denken innerhalb der Organisation, die aber auch von unserem Startup Credit Suisse Labs im Silicon Valley unterstützt wird, das ausserhalb der Geschäftsstrukturen angesiedelt ist.
«Wir fördern innovatives Denken innerhalb der Organisation und werden gleichzeitig von unserem Startup Credit Suisse Labs im Silicon Valley unterstützt.»
Gemäss unserem jährlichen «PwC CEO Survey» ist der Umgang mit digitalen Daten ein differenzierender Faktor für die Zukunft. Stimmt das auch für Ihre Firma?
Das Management von Big Data wird in der Tat von enormer Bedeutung sein und ich bin selbstverständlich mit der Aussage einverstanden. Grosse Datenmengen zu analysieren und aus diesen hilfreiche Schlüsse zu ziehen, ist ein Element der Digitalisierung, welches viele Industrien bereits massgeblich verändert hat und weitere prägen wird. Durch die gezielte Verarbeitung von Rohdaten können wir unsere Kunden besser beraten, indem wir beispielsweise mithilfe intelligenter Algorithmen Modelle für künftige Marktbewegungen entwickeln oder unsere internen Prozesse optimieren.
Welche Risiken sehen Sie aus der Digitalisierung für die Gesellschaft? Und welche für die Credit Suisse?
Ich bin davon überzeugt, dass Digitalisierung Einzelpersonen und auch Unternehmen vor allem Chancen eröffnet. Auf der Kundenseite profitiert man von schnelleren, besser zugänglichen und kostengünstigeren Dienstleistungen. Unternehmen hingegen können ihre operative Effizienz steigern und viel effektiver auf den einzelnen Kunden eingehen. Mit zunehmender Digitalisierung entstehen jedoch auch potenzielle Schwachstellen, die bei Cyberangriffen ausgenutzt werden können. Diesen gilt es aktiv vorzubeugen.
Was tun Sie und Ihr Unternehmen, um Cyberangriffen vorzubeugen? Welchen Stellenwert hat das Thema bei Ihnen?
Heutzutage kann ein Unternehmen ohne einen umfassenden Schutz vor Cyberangriffen kaum funktionieren. Wir sind dafür verantwortlich, unser Unternehmen und unsere Kunden vor solchen Angriffen zu beschützen – dabei ist eine klare Cyberstrategie ein absolutes Muss. Bei uns hat Cybersicherheit höchste Priorität; wir haben uns hier sowohl organisatorisch wie auch personell sehr stark aufgestellt. Ich betrachte Cybersicherheit als eines der grössten Systemrisiken für Banken.
Welche Rolle spielt ein Verwaltungsratspräsident bei der Meisterung der digitalen Herausforderungen?
Bei uns spielt der Verwaltungsrat bei der Festlegung der Unternehmensstrategie eine fundamentale Rolle und digitale Innovation ist zu einem festen Bestandteil dieser Strategie geworden. Dementsprechend haben wir bereits vor einiger Zeit einen Innovations- und Technologieausschuss auf der Ebene des Verwaltungsrates etabliert, der eng mit der Geschäftsleitung zusammenarbeitet.
Auch habe ich frühzeitig, das heisst vor etwa fünf Jahren, auf Gruppenebene einen auf disruptive Innovation ausgerichteten Inkubator initiiert, der bereits 2012 digital getriebene Geschäftsideen entwickelte.
«Ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung Einzelpersonen und auch Unternehmen vor allem Chancen eröffnet.»
Wie gehen Sie in der digitalen Dauererreichbarkeit offline?
Um wirklich abzuschalten, gehe ich sehr gern ins Kino oder in die Oper, wo man zwingend offline ist.
Was war als Kind Ihr Traumberuf?
Ich war und bin bis heute sehr neugierig, insofern haben sich meine Berufswünsche über die Jahre auch immer wieder verändert. Als Jugendlicher hatte mich der Beruf eines Drehbuchautors oder Regisseurs sehr interessiert, das habe ich dann schliesslich bleiben lassen – auch wenn mich Film und Medien bis heute interessieren. Die Faszination für die Börse und Banken war ebenfalls früh da, seit ich mit 16 Jahren meine erste Aktie gekauft hatte. Ich habe mich eigentlich mein gesamtes Berufsleben, mit Ausnahme der fünf Jahre in der Medienindustrie, fast ausschliesslich mit Banken und Finanzgesellschaften beschäftigt. Sie sehen, ich bin letztlich ziemlich nah an meinen Jugendvorstellungen geblieben.
Urs Rohner
Kurze Fragen – kurze Antworten
Welches ist Ihre Lieblings-App?
Das digitale Banking der Credit Suisse, insbesondere unser Trading Tool.
Welches Hintergrundbild ist auf Ihrem Handy oder Laptop zu sehen?
Meine Kinder.