Die Digitalisierung schreitet voran, der Mensch bleibt

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Ohne Vertrauen gibt es keine Beziehungen und keinen Erfolg. Das gilt für jedes Unternehmen, ganz besonders jedoch für Banken. Warum Vertrauen zum langfristigen Fundament einer Bank gehört und was es dafür braucht, erläutert Urs Rohner, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse Group, im Gespräch.

Text: Redaktion ceo Magazin | Bilder: Marc Wetli | Magazin: Vertrauen im digitalen Zeitalter – Dezember 2017

Wie definieren Sie persönlich den Begriff  Vertrauen?

Vertrauen ist die Grundlage jeder Art langfristiger zwischenmenschlicher Beziehungen. So kann ohne Kundenvertrauen auch kein Unternehmen auf lange Sicht erfolgreich bestehen. Dies gilt insbesondere für den Bankensektor, in dem zusätzliche Vertrauensaspekte hinzukommen. Ein vertrauenswürdiges Bankinstitut muss beispielsweise über eine solide Kapitalbasis sowie eine funktionierende Infrastruktur mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen und über vertrauenswürdige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen. Darüber hinaus spielt im Banking neben Vertrauen auch Vertraulichkeit eine wichtige Rolle.

Vertrauen ist also in der Finanzwelt eine wichtige Währung. Welche Rolle spielt Vertrauen für Ihr Unternehmen?

Wie bereits erwähnt ist Vertrauen das Fundament jeder auf Langfristigkeit ausgerichteten Geschäftsbeziehung – dies ist natürlich für die Finanzwelt nichts Neues. Es ist allerdings auch kein Geheimnis, dass unsere Branche seit der Finanzkrise unter Vertrauensverlust leidet. Gleichzeitig schliessen neue Marktteilnehmer, wie beispielsweise innovative FinTech-Startups, bei der Gewinnung des Kundenvertrauens auf. Daher unternehmen wir grosse Anstrengungen zur weiteren Stärkung des seitens unserer Kunden entgegengebrachten Vertrauens. Bei der Credit Suisse pflegen wir eine Unternehmenskultur, in der unsere Werte klar formuliert und unsere Geschäftsgrundsätze auch konsequent gelebt werden. Und wir setzen intern Anreize für kundenorientiertes und regelkonformes Verhalten.

«Ohne Kundenvertrauen kann kein Unternehmen langfristig erfolgreich bestehen.»

Die Banken stehen im Spannungsfeld zwischen dem traditionellen Beziehungsgeschäft und innovativen Technologien. Wo und wie bewegt sich hier Ihr Unternehmen?

In der Tat verändert sich aufgrund digitaler Lösungen die Art und Weise, wie wir unsere Kunden unterstützen und wie wir mit ihnen kommunizieren. Die Palette unserer Dienstleistungen wird fortlaufend erweitert. Das Banking wird von einer physisch verankerten Servicedienstleistung zunehmend zu einer virtuell dominierten Serviceplattform, die über vielfältige Kanäle zugänglich ist. Der Mensch spielt jedoch weiterhin eine zentrale Rolle. Deshalb sehe ich Digitalisierung nicht als ein Spannungsfeld, sondern vielmehr als eine wichtige Voraussetzung für ein breites, jederzeit zugängliches Angebot sowie für eine Verbesserung der Kundenfreundlichkeit unserer Dienstleistungen.

Urs Rohner (geb. 1957) ist seit 2011 Präsident des Verwaltungsrates und Vorsitzender des Chairman’s and Governance Committee der Credit Suisse Group AG. 2004 ist der zugelassene Rechtsanwalt als Mitglied der Geschäftsleitung ins Unternehmen eingetreten. Von 2000 bis 2004 leitete er die ProSiebenSat.1 Media SE. Zuvor war er als praktizierender Anwalt in der Schweiz und in den USA tätig. Der ehemalige Hürdenläufer hat vier Kinder.

Wie man in den Medien lesen konnte, unterstützen in den USA nun Maschinen die Credit Suisse Mitarbeiter in der Beantwortung von einfachen Compliance-Fragen. Sind Chatbots als software-basierte Online-Berater für Ihre Firma ein Thema? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?

Bei einfacheren Aufgabenstellungen werden bereits in etlichen Industrien automatisierte Lösungen eingesetzt. Genauso, wie eine Selbsthilfe-Software bei der Identifizierung und Behebung einfacher Probleme hilfreich sein kann, können unsere Kunden mithilfe kognitiver Computing-Systeme orts- und zeitunabhängig digital unterstützt werden. Zweifelsohne werden sie der Branche einen grossen Mehrwert bringen, den Kundenberater aber nie ganz ersetzen können.

Welche Bedeutung haben Innovation Centers innerhalb einer Organisation zur Entwicklung neuer digitaler Strategien?

Es gibt zahlreiche Ansätze, die die Innova­tionsfähigkeit einer Organisation fördern können. Ich denke nicht, dass es hier einen für alle gleich geltenden Ansatz gibt. Für uns hat sich ein integriertes Modell mit starker Unterstützung von aussen als erfolgreich erwiesen: Wir fördern innovatives Denken innerhalb der Organisation, die aber auch von unserem Startup Credit Suisse Labs im Silicon Valley unterstützt wird, das ausserhalb der Geschäftsstrukturen angesiedelt ist.

«Wir fördern innovatives Denken innerhalb der Organisation und werden gleichzeitig von unserem Startup Credit Suisse Labs im Silicon Valley unterstützt.»

Gemäss unserem jährlichen «PwC CEO Survey» ist der Umgang mit digitalen Daten ein differenzierender Faktor für die Zukunft. Stimmt das auch für Ihre Firma?

Das Management von Big Data wird in der Tat von enormer Bedeutung sein und ich bin selbstverständlich mit der Aussage einverstanden. Grosse Datenmengen zu analysieren und aus diesen hilfreiche Schlüsse zu ziehen, ist ein Element der Digitalisierung, welches viele Industrien bereits massgeblich verändert hat und weitere prägen wird. Durch die gezielte Verarbeitung von Rohdaten können wir unsere Kunden besser beraten, indem wir beispielsweise mithilfe intelligenter Algorithmen Modelle für künftige Marktbewegungen entwickeln oder unsere internen Prozesse optimieren.

Die Credit Suisse Group AG (CS) mit Hauptsitz in Zürich ist aus der ehemaligen Schweizerischen Kreditanstalt SKA hervorgegangen. Sie zählt zu den 30 grössten global tätigen Finanzdienstleistungsunternehmen. Als solches wird sie vom Financial Stability Board (FSB) als systemisch bedeutsames Finanzinstitut eingestuft und unterliegt damit einer besonders strengen Überwachung. Die 1856 gegründete Bank verfügt heute über eine globale Reichweite mit Geschäftsaktivitäten in etwa 50 Ländern und 47’170 Mitarbeitenden aus über 150 verschiedenen Nationen.

www.credit-suisse.com

Welche Risiken sehen Sie aus der Digitalisierung für die Gesellschaft? Und welche für die Credit Suisse?

Ich bin davon überzeugt, dass Digitalisierung Einzelpersonen und auch Unternehmen vor allem Chancen eröffnet. Auf der Kundenseite profitiert man von schnelleren, besser zugänglichen und kostengünstigeren Dienstleistungen. Unternehmen hingegen können ihre operative Effizienz steigern und viel effektiver auf den einzelnen Kunden eingehen. Mit zunehmender Digitalisierung entstehen jedoch auch potenzielle Schwachstellen, die bei Cyberangriffen ausgenutzt werden können. Diesen gilt es aktiv vorzubeugen.

Was tun Sie und Ihr Unternehmen, um Cyberangriffen vorzubeugen? Welchen Stellenwert hat das Thema bei Ihnen?

Heutzutage kann ein Unternehmen ohne einen umfassenden Schutz vor Cyberangriffen kaum funktionieren. Wir sind dafür verantwortlich, unser Unternehmen und unsere Kunden vor solchen Angriffen zu beschützen – dabei ist eine klare Cyberstra­tegie ein absolutes Muss. Bei uns hat Cyber­sicherheit höchste Priorität; wir haben uns hier sowohl organisatorisch wie auch personell sehr stark aufgestellt. Ich betrachte Cyber­sicherheit als eines der grössten Systemrisiken für Banken.

Welche Rolle spielt ein Verwaltungsratspräsident bei der Meisterung der digitalen Herausforderungen?

Bei uns spielt der Verwaltungsrat bei der Festlegung der Unternehmensstrategie eine fundamentale Rolle und digitale Innovation ist zu einem festen Bestandteil dieser Strategie geworden. Dementsprechend haben wir bereits vor einiger Zeit einen Innovations- und Technologieausschuss auf der Ebene des Verwaltungsrates etabliert, der eng mit der Geschäftsleitung zusammenarbeitet.

Auch habe ich frühzeitig, das heisst vor etwa fünf Jahren, auf Gruppenebene einen auf disruptive Innovation ausgerichteten Inkubator initiiert, der bereits 2012 digital getriebene Geschäftsideen entwickelte.

«Ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung Einzelpersonen und auch Unternehmen vor allem Chancen eröffnet.»

Wie gehen Sie in der digitalen Dauererreichbarkeit offline?

Um wirklich abzuschalten, gehe ich sehr gern ins Kino oder in die Oper, wo man zwingend offline ist.

Was war als Kind Ihr Traumberuf?

Ich war und bin bis heute sehr neugierig, insofern haben sich meine Berufswünsche über die Jahre auch immer wieder verändert. Als Jugendlicher hatte mich der Beruf eines Drehbuchautors oder Regisseurs sehr interessiert, das habe ich dann schliesslich bleiben lassen – auch wenn mich Film und Medien bis heute interessieren. Die Faszination für die Börse und Banken war ebenfalls früh da, seit ich mit 16 Jahren meine erste Aktie gekauft hatte. Ich habe mich eigentlich mein gesamtes Berufsleben, mit Ausnahme der fünf Jahre in der Medienindustrie, fast ausschliesslich mit Banken und Finanzgesellschaften beschäftigt. Sie sehen, ich bin letztlich ziemlich nah an meinen Jugendvorstellungen geblieben.

Sparen im Zeitalter der Digitalisierung: Credit Suisse vermittelt Kindern mit ihrem Sparkässeli «Digipigi» den verantwortungsvollen Umgang mit Geld. © Credit Suisse Group

Urs Rohner
Kurze Fragen – kurze Antworten

Welches ist Ihre Lieblings-App?
Das digitale Banking der Credit Suisse, insbesondere unser Trading Tool.

Welches Hintergrundbild ist auf Ihrem Handy oder Laptop zu sehen?
Meine Kinder.