Mobiler Stromversorger für Handys in Not

Das Zürcher Startup Chimpy verleiht Batterien an Smartphone-Nutzer, denen der Saft ausgegangen ist. CEO und Gründer Andreas Braendle musste dafür den Handel von den Vorteilen der Sharing Economy überzeugen.

Text: Redaktion ceo Magazin | Bilder: Andreas Zimmermann | Magazin: Der Kunde im Fokus – Januar 2019

Die flachen giftgrünen Dinger, auf der ein freches Affengesicht als Logo klebt, sind nicht grösser als die Geräte, denen sie in der Not helfen sollen. Akku leer – ein Phänomen, das fleissige Nutzer von Mobiltelefonen kennen. Im dümmsten Moment, oft am Abend, im Ausgang, geht der Strom aus. Kein Internet, kein WhatsApp, kein Notruf und keine Steckdose in der Nähe. Nichts geht mehr.

«Wer Chimpy einmal genutzt hat, kommt immer wieder.»

Andreas Braendle, der mit drei Freunden vor fünf Jahren die Firma Chimpy gegründet hat, erlebte genau diese Kalamität und ersann eine Lösung: vollgeladene Ersatzbatterien zum Aufladen von Handys, sogenannte Power Banks, an möglichst vielen Orten unkompliziert und günstig ausleihbar zu machen. Einschlägige Erfahrung mit dem Thema hatte Braendle bereits zuvor gesammelt, als er Firmen kleine wiederaufladbare AA-Standard-Batterien vorbeibrachte und vermietet hatte.

Dass die Akkus bei intensiver Benützung der Geräte leerlaufen, sei ein universelles Problem, sagt Braendle. Unterwegs jedoch kommt es immer wieder vor, dass man kein Ladegerät dabei hat oder, falls doch, nicht die Zeit, sich für länger an eine Steckdose zu hängen. Das Chimpy-Team bietet dafür eine einfache, ökologisch überzeugende Lösung: «Wir verstehen uns als ein mobiler Stromversorger.»

Andreas Braendle ist CEO und Co-Gründer von Chimpy. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich verleiht an mehr als 1’200 Verkaufspunkten in der ganzen Schweiz, zumeist Kiosken, sowie an Festivals, Events und in Skigebieten tragbare Batterien zum Laden der Akkus von Mobiltelefonen und anderen Kleingeräten. Das fünf Jahre alte, bereits mehrfach ausgezeichnete Startup-Unternehmen, das ausschliesslich zertifizierten Solarstrom einsetzt, beschäftigt heute 13 Festangestellte und 20 Teilzeitkräfte. Zu den Partnern von Chimpy gehören unter anderem die SBB und Valora.

www.chimpy.ch

Wie Erstnutzer zu Stammkunden werden

16 Sekunden dauert es im Durchschnitt, bis Kunden die frische Batterie samt passendem Ladekabel an den Verkaufsstellen entgegennehmen können. 4 Franken kostet die Ausleihe für eine Woche, dazu kommen 15 Franken für das Depot. Eine Herausforderung sei es, den Dienst bekannt zu machen, sagt der Jungunternehmer und verweist auf das Potenzial. Im Heimmarkt Schweiz betrage die Marktdurchdringung der Bevölkerung mit Smartphones inzwischen weit über 90 Prozent.

Die Werbung für den Dienst funktioniert gut über Mundpropaganda. «Wer die Batterie einmal genutzt hat, kommt immer wieder», sagt Braendle. Und mache dann das Angebot im Freundeskreis und auf den sozialen Medien bekannt. Präsenz zeigt das Chimpy-Team dort, wo viele Menschen Handys benutzen und Stromanschlüsse rar sind: im Sommer an allen grösseren Musikfestivals in der Schweiz, im Winter in ausgewählten Skigebieten. In den Städten wird der Service auch in Bars und Clubs angeboten.

Zur Zielgruppe gehören auch Pendler oder Wanderer, die sich morgens am Bahnhof noch rasch eine Batterie holen, um auf ihrer Bergtour den ganzen Tag über erreichbar zu sein. Inzwischen lässt sich ein Chimpy-Abo auch auf den SwissPass des öffentlichen Verkehrs laden, der auch funktioniert, wenn das Handy schon nicht mehr mag.

Logistik gemeinsam mit Presse und Kioskartikeln

In der Firmenzentrale in Zürich, auf deren Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert ist, herrscht lockere Stimmung. Flotte Musik unterhält die Nachmittagsschicht, welche die zurückgekommenen Akkus reinigt, wieder auflädt und prüft, ehe sie erneut in die kleinen Transportkisten und damit in die Logistikkette zurückgehen.

Die kleinen Boxen werden palettenweise in die Zentrallager von Valora gebracht, dem grössten Kioskbetreiber der Schweiz, von wo aus sie zusammen mit Zeitungen und anderer Ware an die Verkaufspunkte geliefert und später auch wieder eingesammelt werden. Stolz ist Braendle, dass Chimpy es als Erste geschafft hat, im hiesigen Detailhandel ein nachhaltiges Kreislaufprodukt zum Mieten und damit ein Element aus der Sharing Economy zu etablieren.

Schon denken die Macher und die im Hintergrund agierenden Investoren über weitere Produkte nach, die sich auf ähnliche Weise teilen und vertreiben lassen, zum Beispiel teure, aber eher selten benötigte Konsumgüter. Welche genau das sein könnten, will der Entrepreneur noch nicht verraten. Konkreter sind dagegen die Pläne, mit dem Leihkonzept ins Ausland zu expandieren. Den frechen Chimpy-Affen wird man demnächst vielleicht auch in europäischen Metropolen finden, wenn wieder mal der Akku leer ist.

Previous
Next