Das Publikum wird Teil des Films
Forster spricht in seinen Filmen schwierige Themen äusserst sanft an. Die Botschaft wird über eine Geschichte vermittelt und nicht direkt ausgesprochen. Für Forster ist beides wichtig: zu unterhalten und eine Botschaft zu vermitteln. «Ein Film ohne Publikum ist nicht lebendig. Nur das Publikum kann einem Film Leben einhauchen. Daher möchte ich immer unterhalten und das Publikum in die Geschichte einbeziehen. Gleichzeitig aber möchte ich vermitteln, wie ich die Welt sehe.»
Für Forster ist das so zentral, dass er nur Projekte übernimmt, die er unverkennbar gestalten kann. Regie «ab Stange» für ein konzessioniertes Kino ist nicht sein Ding. So hat er bereits Projekte abgesagt. «Ich muss Geschichten erzählen, die meine Identität widerspiegeln», erläutert er. «Ich muss für ein Projekt meine eigene Stimme finden, um ihm meine DNA einzuverleiben – das ist für mich sehr wichtig.»
Ist die Botschaft das Medium?
Die Mittel zur Verbreitung dieser DNA ändern sich natürlich. Die traditionellen Grenzen zwischen Film, Fernsehen und Videospielen verschwimmen. Das ist bedingt durch eine Vielzahl an Darstellungsformen – vom Kino über Broadcast bis zum Streaming – und vom Aufkommen von Spezialeffekten und virtueller Realität (VR). «Filmisches Geschichtenerzählen und VR vermischen sich», so Forster. «Das Publikum wird immer mehr in eine Geschichte hineingezogen, nicht nur emotional, sondern auch physisch.»
Neue Technologien wie die Oculus-Brille, der Retina-Scan von Google und die Kamerabrille «Spectacles» von Snapchat befinden sich noch im unausgereiften Beta-Stadium. Trotzdem verkörpern sie die Zukunft des Films. «Es gibt so viele neue Technologien, dass wir uns zurzeit in einem Experimentierstadium befinden. Wir erkunden nicht nur neue Auswirkungen auf den Film, sondern ein neues Medium des Geschichtenerzählens. Alles ist im Wandel, und jede Herausforderung wird zu einer Chance für Kreativität», erläutert er. «Tatsache ist: Es wird ein Durchbruch zu neuen Formen des Geschichtenerzählens stattfinden. Das eröffnet neue Perspektiven darauf, wie wir uns selbst und die Welt sehen.»
«Der Tod ist ein unabwendbarer Schritt auf unserer Reise. Aber er ist etwas, über das niemand nachdenken will.»
Während sich die Technologie zur Darstellung von Geschichten rasch ändert, ähnelt sich die Entstehung von Geschichten in den Medien Film und TV überraschenderweise. Bei der Aufnahme seiner ersten TV-Serie «Hand of God» fand Forster fast identische Verfahren und Ausstattungen wie für die Filmproduktion vor. Nur beim Ansatz weichen die beiden Medien noch leicht voneinander ab. «Bei einem Fernsehfilm erfolgen die Aufnahmen in zehn Tagen und der Schnitt in zwei Wochen. Beim Kinofilm ist viel mehr Zeit für die Arbeit, für Änderungen, Vorpremieren vor Publikum und erneute Änderungen. Das Fernsehen ist ein kontinuierliches Medium. Daher müssen wir ein Erlebnis liefern, das sich für das Publikum fortsetzt. Beim Film ist die Investition grösser: Für das Erlebnis haben wir nur eine Chance.» Zudem unterscheiden sich die dramatischen Anforderungen der beiden Medien deutlich. Publikumstests belegen, dass Zuschauer sich normalerweise am Ende des Films eine Auflösung wünschen: Mann bekommt Frau, Familie löst Problem und so weiter. TV-Zuschauer hingegen werden oft mit endlosen Geschichten auf die Folter gespannt. Natürlich wollen die Sender die Einschaltquoten hochhalten und die Zuschauer auch in der Folgewoche vor den Bildschirm holen.
Innovation überlebt
Selbst diese Unterschiede beginnen sich laut Forster zu verwischen. Denn Kino, Fernsehen und Gaming mutieren zu neuen Formen. Das «Story»-Format wird zweifellos überleben. Ebenso die geschickte Dosierung von Kunst, durch die sich Herausragendes von Gutem und Gutes von Mittelmässigem unterscheidet.
Ganz seiner Person entsprechend gibt sich Forster auch hinsichtlich seiner eigenen Muse bescheiden. Die Kritiker sind hier weniger zurückhaltend und bezeichnen ihn als einen der grössten Regisseure seiner Zeit. Zur Notwendigkeit von Kreativität jedoch findet er klare Worte. «Filmemachen ist eine Kunst, die auf Teamarbeit beruht. Bei dieser Art des Geschichtenerzählens braucht es enorm viel gemeinsame Kreativität.» Erfindergeist, Ideenreichtum, Vorstellungskraft – wie auch immer man es bezeichnet – sind ein Schlüsselfaktor für das Geschichtenerzählen. Und dieses wiederum bleibt wesentlich für das menschliche Leben.
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Quelle: www.boxofficemojo.com